Wie Neslihan Arol in Berlin die osmanische Erzählkunst *Meddah* feministisch neu erfindet

Admin User
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Drei Frauen, die auf der Bühne Geige spielen, mit Notenpulten und Notenblättern davor, während ein Zuschauer im Vordergrund sitzt und zuhört; eine Uhr hängt an der weißen Wand im Hintergrund, und ein weißer Vorhang ist links im Bild zu sehen.

Wie Neslihan Arol in Berlin die osmanische Erzählkunst *Meddah* feministisch neu erfindet

Dieses Lachen ist ansteckend

Teaser:Meddah, die osmanische Erzähltradition, war einst Männern vorbehalten. Neslihan Arol hat sie sich zu eigen gemacht – und zeigt, wie befreiend Komik sein kann.

Neslihan Arol lässt in Berlin eine jahrhundertealte osmanische Kunstform wieder aufleben – doch mit feministischem Einschlag. Im Bavul Café in Kreuzberg führt sie Meddah auf, eine Erzähltradition, die einst von Männern dominiert wurde. Ihre Show verbindet Humor, Politik und mehrere Sprachen, um alte und neue Konventionen herauszufordern.

Arols Weg zur Bühne begann lange vor ihren Berliner Auftritten. Zwar studierte sie Chemieingenieurwesen, doch heimlich absolvierte sie parallel einen Master in Schauspiel. Ihre erste große Arbeit untersuchte Clowns aus feministischer Perspektive – ein Thema, das später ihr Markenzeichen werden sollte. Das traditionelle Theater bot Frauen kaum Rollen, in denen sie wirklich komisch sein durften. Also wandte sie sich dem Clownspiel zu, um Regeln zu brechen und Machtverhältnisse bloßzulegen.

2014 kam sie nach Berlin, um sich vertieft mit Komik, Clownkunst und Meddah auseinanderzusetzen. Acht Jahre dauerte es, bis sie ihr Projekt verwirklichen konnte – geprägt von der Überzeugung, dass Erzählkunst sowohl verspielt als auch politisch sein kann. Auf der Bühne nutzt sie ein einfaches Teelicht – eine Hommage an die Menschlichkeit der Meddahs, das Wärme, Verbindung und ein gütiges Herz symbolisiert. Ihre Auftritte wechseln zwischen Lachen und Ernsthaftigkeit, wobei ihre Figuren Deutsch, Türkisch und Englisch sprechen.

Der Höhepunkt der Show kommt, wenn Arol die Kerze ausbläst – ein Zeichen für das Ende der Geschichten des Abends. Es ist eine Geste, die die erzählten Geschichten und die Leben, die sie widerspiegeln, ehrt. Ihre Version des Meddah ist mehr als eine Wiederbelebung; es ist eine Neuerfindung, gesehen durch die Augen einer Frau.

Arol war nicht die Erste, die diese Kunstform neu interpretierte. Schon Jahre zuvor hatte die Pionierin Nuray Önoğlu Meddah im Ballhaus Naunynstraße nach Berlin gebracht – mit einer Mischung aus Humor, Politik und mehrsprachiger Energie. Beide Künstlerinnen beweisen, dass alte Traditionen frische Stimmen finden können.

Arols Auftritt ist eine lebendige, mehrsprachige Herausforderung an die Tradition. Indem sie Frauen in einen einst rein männlichen Raum stellt, formt sie Meddah für ein modernes Publikum um. Die Kerze, die sie jede Nacht ausbläst, hinterlässt Geschichten, die nachhallen – witzig, scharf und kompromisslos feministisch.